Singen verboten!

500 Jahre evangelisches Gesangbuch: Sonderbriefmarke

Ja, das ist dem einen oder anderen Anhänger Martin Luthers passiert, damals vor 500 Jahren. Fröhlich sang er ein Lied des Reformators auf dem Marktplatz – und schon schnappte ihn die Polizei und steckte ihn ins Stadtgefängnis. Solche Szenen sind aus einigen Städten überliefert. Singen verboten! Warum? Die Lieder Martin Luthers waren vom Text her Verkündigung des Evangeliums, also Predigt. Predigen aber durften nur die Geistlichen. Gesungen wurde nur im Gottesdienst oder auf Wallfahrten – alles streng reglementiert und fast nur auf Latein. Da aber die meisten Christen gar kein Latein konnten und sie gar nicht verstanden, was sie da sangen, machten sich die Reformatoren darüber lustig: „Sie brüllen wie die Waldesel zu einem tauben Gott!“

Und sie brachten ihre geistlichen Lieder unter das Volk, zunächst gedruckt auf einfachen Zetteln, die man heute „Einblattdrucke“ nennt. 1524 kam dann ein schlauer Drucker darauf, acht dieser Lieder zu einem Heft zu bündeln. Manche nennen das bereits „Liederbuch“ – allerdings fehlten dieser Sammlung die typischen Merkmale eines Buches: Vorwort, gegliederter Inhalt, Register, Impressum. Ein erstes Gemeinde-Gesangbuch war dann 1524 das Erfurter Ferbefaß-Enchiridion. Das hat seinen Namen daher, dass es in Erfurt gedruckt wurde – und zwar im Haus mit dem Namen „Zum Ferbefaß“ – und dass es handlich war. 28 reformatorische Lieder sind darin abgedruckt, 18 davon von Martin Luther. Der wusste übrigens gar nichts davon, dass man in Erfurt seine Lieder druckte. Bis heute singen wir zahlreiche dieser Lieder im Gottesdienst. Und fünf davon haben es sogar in das aktuelle katholische Gesangbuch „Gotteslob“ geschafft, z.B. „Gelobet seist du, Jesu Christ“ und „Aus tiefer Not schrei ich du dir“. Erst 1537 zog die katholische Seite übrigens mit einem ersten eigenen Gesangbuch nach.

Vom „Ferbefaß-Enchiridion“ gibt es heute nur noch ein einziges Exemplar – und das befindet sich in Goslar. Seit 1535 ist es Bestandteil der Marktkirchen-Bibliothek, in der es erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts „entdeckt“ wurde. Das Bundesfinanzministerium gibt zu Ehren des 500. Jubiläums eine Sonderbriefmarke heraus. Diese wird am

23. Januar 2024 um 17 Uhr in der Marktkirche Goslar

präsentiert. Ich werde am 21. April anlässlich einer „Sonntagsvorlesung“ das einzigartige Stück in der Lutherstadt Wittenberg vorstellen.

 

„KRANICH ODER GARNICH!“

Wie das Gymnasium Salzgitter-Lebenstedt I zu seinem Namen kam

Ein Beitrag zur Feier von „80 Jahre Kranich-Gymnasium“

am 25. August 2023

Der Lebenstedter Ortsrat war zuständig damals – 1968 – als es um den Namen der Schule ging. „Gymnasium Salzgitter-Lebenstedt“, so hieß sie damals ganz banal. Und so steht es auf unseren Abiturzeugnissen (1966/1), so steht es sogar noch auf der Festschrift zum 25. Jubiläum, das am 30. März 1968 gefeiert wurde. Warum sollte der Schule eigentlich ein Name gegeben werden? Ganz einfach: Das Gymnasium war zu groß geworden. 1150 Schülerinnen und Schüler in 44 Klassen. Bereits zum 1. Februar 1968 war daher Gymnasium II gegründet worden: 13 Klassen mit 368 Schülerinnen und Schülern waren von Gymnasium I abgetrennt worden. Weil die Gebäude am Fredenberg noch nicht standen, steckte man die Klassen in die Baracken, in denen ich noch meine ersten Oberschuljahre verbracht hatte. Damals schrieb der der neue Direktor Nipp, es komme einem vor, „als befände man sich in einer Außenstelle unseres Städtischen Museums“.

Man wollte also beide Schulen am Namen unterscheiden können. Sowas weckt Ehrgeiz. Das ist doch was, wenn man sagen kann: Den Schulnamen, den habe ich erfunden. Kein Wunder also, dass schließlich 22 Namensvorschläge für beide Schulen auf dem Tisch lagen! Bertold-Brecht-Gymnasium, Geschwister-Scholl-Gymnasium, Novalis-Gymnasium, das sind nur drei Beispiele. Wie sollte man zu einer Entscheidung kommen? Und da passiert etwas sehr Besonderes, das ein Licht wirft auf die damalige Zeit. „„KRANICH ODER GARNICH!““ weiterlesen

Taufbefehl?

Matthäus 28,16-20

Gedanken zum 6.Sonntag nach Trinitatis

Manchmal war er ganz verzweifelt, er, der große Martin Luther! Er, dieser „Glaubensheld“, als der er uns geschildert wird. Martin Luther hat ganz schlimme Zeiten durchgemacht. Es gab Stunden, da fürchtete er, auf dem falschen Weg zu sein. Es gab Tage, an denen ihn Todesängste überfielen. Was hat er dann getan? Er nahm ein Stück Kreide und schrieb auf seinen Holztisch: „Ich bin getauft!“ Das stand dann da – und er konnte es immer wieder lesen: „Ich bin getauft!“ Er spürte: das ist das Entscheidende. Vielleicht kam ihm dann auch ein Prophetenwort in den Sinn, das wir häufig bei der Taufe hören: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!“ (Jesaja 43,1). Das ist auch der Wochenspruch.

Die Taufe: am sechsten Sonntag nach Trinitatis steht sie im Mittelpunkt. Alle Getauften können sich da gegenseitig zum Geburtstag gratulieren! Im Altertum haben Christen ihren Tauftag als Tag der eigentlichen Geburt gefeiert. Er war ihnen wichtiger als der Tag der natürlichen Geburt; es war die zweite, die geistliche Geburt. In manchen Gegenden ist das noch heute so: der Namenstag wird gefeiert, also der Tag, an dem man seinen christlichen Namen bekam, ursprünglich der Tauftag. Wir kennen das bei uns kaum; im Vordergrund steht der Geburtstag. Umso wichtiger dieser heutige 6. Sonntag nach Trinitatis. Er ist Tag der Tauferinnerung, Namenstag, Tag unserer Christwerdung. Er wird geprägt durch einen bedeutenden Text aus dem Neuen Testament: Matthäus 28, Abschluss des Evangeliums: „Gehet hin in alle Welt!“, sagt Jesus da, „taufet“, „lehret“ – und am Schluss die wunderbaren Worte: „… und siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende“. Ein großes Finale und ein großer Auftakt! Jesus verabschiedet sich endgültig, und die christliche Gemeinde bekommt eine große Aufgabe. Sie soll die Sache Jesu weiter vorantreiben.

Genau das ist seitdem passiert – sonst gäbe es keine christliche Gemeinde. Fast überall auf der Welt wird das Evangelium verkündigt, hier und da im Verborgenen und unter großer Gefahr, häufig frei und offen, so wie bei uns. Das ist die eine Seite der Wirkung, die vom Predigttext ausgeht. Leider gibt es auch eine Schattenseite. „Gehet hin … und taufet!“, das wurde häufig auch als „Marschbefehl“ verstanden. So ordneten Herrscher an, dass ihre Untertanen sich taufen lassen; in den Kolonien wurden Millionen von Menschen gezwungen, sich dem Christentum zu unterwerfen. „Christianisierung“, Hand in Hand mit der Ausplünderung ganzer Kontinente! Manches, was wir heute sehen an Migration, hat darin eine seiner Ursachen. Letztlich fordert man jetzt von uns zurück, was wir uns einst genommen haben – und bis heute nehmen. Es sind die bitteren Früchte unguter Taten.

Unrecht im Namen Jesu Christi! Eine unrühmliche Geschichte, Teil unserer gemeinsamen Vergangenheit – Gott sei´s geklagt. Das kommt dabei heraus, wenn man Bibelstellen aus ihrem Zusammenhang reißt. Man hätte es nachlesen können: Zwang und Gewalt sind nicht die Sache Jesu! Schließlich gibt es im Matthäusevangelium die Bergpredigt! „Selig sind die Friedfertigen“, steht da, und: „liebet eure Feinde!“

Also: kein Missionsbefehl im Sinne eines christlichen Feldzuges, keine Strategie zur Christianisierung der Welt. Es geht um etwas anderes: Jesus ermuntert die damals kleine Christenschar, nicht zu resignieren. Durch ein überzeugendes Leben sollen sie auffallen. Die Menschen sollen aufmerksam werden auf diese so andere Gemeinschaft, weil sie von gegenseitiger Liebe durchdrungen ist. Selbst wenn das nicht 100%-ig gelingt, gilt das Wort Jesu:“Ich bin bei euch!“, das verspricht er. Alles schien dagegen zu sprechen. Die Welt lebte nach anderen Gesetzen. Was Gerechtigkeit ist, das bestimmten die Herrschenden. Es war unendlich schwer, in einer ungerechten Welt nach den Geboten Jesu zu leben. Er hatte seiner Gemeinde eine „bessere“ Gerechtigkeit gepredigt – aber ganz offenbar konnte die sich in der damaligen römischen Welt nicht durchsetzen. Grund zur Resignation?

Die Gemeindeglieder werden sich erinnert haben. Jesus hatte doch immer wieder darauf hingewiesen, dass es nicht einfach und glatt und problemlos geht. Sie erinnerten sich an seine Gleichnisse. Da war es doch auch so: nicht jedes Korn bringt Frucht, hatte er gesagt – und allen war klar: geht ja auch gar nicht! Schließlich gibt es Dornen und Steine. Und alle hatten doch verstanden: so ist das auch mit dem Reich Gottes. Es ist nie offen sichtbar da. Wir können nie genau wissen, wer dazu gehört und wer nicht, auch nicht wo und wann es erscheint. Aber das ist auch nicht entscheidend, so hatten sie gelernt. Viel wichtiger ist, dass es schon angebrochen ist. Als Jesus da war, konnte man es mit Händen greifen. Und er hatte doch gesagt, dass er bei uns ist und alle Gewalt im Himmel und auf Erden hat. Nicht wir haben diese Macht – er hat sie!

Nur, genau an dieser Stelle gehen viele nicht mit. „Stimmt doch gar nicht!“, wenden sie ein. „Schaut euch doch die Welt an! Die Macht haben ganz andere. Geld regiert die Welt. Die Reichen werden reicher, die Armen werden ärmer. Die Gebote werden mit Füßen getreten. Gier und Geiz sind die stärksten Antriebskräfte, nicht Liebe ist es. Der christliche Glaube taugt für Sonntagsreden, aber nicht für die raue Wirklichkeit …“

Ja, das alles wird gern als „Gesinnungsethik“ und „Gutmenschentum“ verächtlich gemacht, was da im Namen Jesu versucht wird. Einsatz für die Ärmsten, Schutz für von Abschiebung Bedrohte, Kirchenasyl… Und es ist auf gewisse Weise tatsächlich so: Jesus war kein Politiker, kein Taktiker, kein Kalkulierer, der Wahlen gewinnen wollte. Er stellte sich radikal auf die Seite der Benachteiligten – und wurde beseitigt durch die Machthaber.

Übermächtig scheinen sie zu sein, die politischen und wirtschaftlichen Kräfte. „Mir ist gegeben alle Gewalt …“ –das klingt so gesehen wie „Pfeifen im Wald“. Der Blick auf die Tagespolitik kann einem die Kraft rauben, das stimmt. Glaube braucht einen langen Atem. Er braucht eine Perspektive. Wie sieht die aus? Nun, irdische Mächte regieren nur eine begrenzte Zeit. Noch jedes Reich dieser Welt ist gestürzt oder einfach verschwunden. Noch jeder große „Führer der Menschheit“ musste abtreten, wurde vergessen oder ins Museum verbannt.

„Mit unsrer Macht ist nichts getan!“, wusste Martin Luther – und da sind wir wieder bei seiner Lebensader: „Ich bin getauft!“ Dieses Wissen war für ihn fundamental. Mit Schrecken hatte er gesehen, wie das Wort Gottes missbraucht wurde: als Ware, als Druckmittel, als Todesurteil. Vielleicht noch schlimmer: auch die von ihm angestoßene Reformation brachte Gewalt hervor: Fanatiker verbrannten Kirchenschätze und Bilder, wollten das „Reich Gottes zu Münster“ ausrufen; Herzöge führten Kriege im Namen der neuen Lehre. „Ich bin getauft!“, rief Luther. Er sah seine Verantwortung für den Lauf der Dinge; gleichzeitig erkannte er: Ich kann es nicht steuern! Ich kann nur darauf vertrauen, dass Gott selber in, mit und unter all diesem Chaos zur Wirkung kommt.

III. Und auch für uns ist das die einzige Antwort. Das Reich Gottes wird sich durchsetzen. Es ist bereits wirksam, mitten unter uns. Wir können zwar nicht sagen: „Genau hier ist es, da ist es…“ Aber keine Macht der Welt kann es daran hindern, sich zu entfalten. Vor fast 2000 Jahren wurde es zur Gewissheit: durch die Worte Jesu, durch seine Bergpredigt, durch seine Zeichen und Wunder, durch seine Leiden, durch seine Auferstehung. „Ich bin bei euch!“ – auch heute hören wir diesen Ausruf. Gott setzt sich durch in dieser Welt, auch gegen die Mächte des Chaos. Was Jesus sagte und tat, erweist sich als wirksam, auch heute. Er heilte Kranke, er holte Außenseiter herein, er machte Kleine groß. Unter dem Einfluss seines Wortes passiert so etwas auch heute. „Ach, wenn du könntest glauben, du würdest Wunder sehn!“

Wie gut, auf den Namen Jesu getauft zu sein. „Ich bin bei dir!“, so ruft er jeder und jedem unter uns zu, ganz besonders am „Tauftag“, dem 6. Sonntag nach Trinitatis. „Fürchte dich nicht!“, es tut gut, diesen Ruf zu hören, gerade dann, wenn es einem nicht gut geht, wenn man sich einsam fühlt oder krank ist, Sorgen hat – mit sich oder anderen: „Fürchte dich nicht, du bist getauft, vertraue auf Gott!“ Vielleicht machen Sie es mal wie Martin Luther. Wenn keine Kreide zur Hand ist, tut es auch ein Filzstift oder ein Lippenstift: schreiben Sie es irgendwo hin: „Ich bin getauft!“ Und pochen Sie darauf, dass das wichtiger und wahrer ist als alles, was Sie bedrängt. Denn das dürfen wir: uns auf unsere Taufe berufen, die Zusage Jesu „einklagen“, ihn drängen, seine Macht zu zeigen. Sagen Sie´s ihm: Ich glaube, dass Du, Gott, mich geschaffen hast, ich glaube, dass Jesus bei mir ist, ich glaube, dass er Macht hat im Himmel und auf Erden!“ So auf Gott zugehen können, so vertrauen können: ein großes Geschenk!

Ist Karfreitag der wichtigste Tag?

Predigt zum Karfreitag .                               

Korinther 514b-21

„Der wichtigste Tag“, sagen manche, Karfreitag! Gerade wir Protestanten heben diesen Tag besonders hervor. Obwohl: da kann doch was nicht stimmen?! Ist nicht das Entscheidende Ostern: Auferstehung. Ohne Ostern wäre Karfreitag doch nichts, wäre das Ende…, aber trotzdem: Wir Evangelischen sind da hartnäckig und bleiben dabei. Karfreitag sticht heraus, ist sogar staatlich besonders geschützt. Das ist nicht überall so, in den katholischen Ländern Italien und Österreich etwa ist das nicht so. Karfreitag steht uns für Entscheidendes! Aber für was? Für Außenstehende erschließt sich das keineswegs! Und wenn Menschen aus anderen Kulturen in der Kirche den Gekreuzigten sehen: das ist alles andere als klar! Im Islam wird das für einen großen Irrtum gehalten. Jesus war ein großer Prophet, sagen die gläubigen Moslems, darum: Gott hätte nie und nimmer zugelassen, dass er am Kreuz stirbt. „Ist Karfreitag der wichtigste Tag?“ weiterlesen

Probelauf für eine „Teaching Library“

Goslarsche Zeitung 6. Juli 2022

Von Elke Brummer

Top-Bewertungen haben Oberstufenschülerinnen und -schüler kürzlich einem Schülerseminar in der Marktkirchenbibliothek (MKB) auf dem Goslarer Kulturmarktplatz gegeben, nachdem sie in den Genuss desselben gekommen waren.

Goslar. „Fünf von fünf Sternen“, „große Auswahl“, „engagierte Organisatoren“:  Wer glaubt, dass es sich bei diesen Statements um Bewertungen für Urlaub im Luxus-Hotel oder Internet-Käufe handelt, irrt.  Die Bewertungen stammen von Oberstufenschülerinnen und -schülern und gelten einem Schülerseminar, das kürzlich in der Marktkirchenbibliothek (MKB) auf dem Goslarer Kulturmarktplatz veranstaltet worden war.

Die Idee für das Seminar stammt von zwei Männern, denen sowohl die lebendige Zukunft der mittelalterlichen Bibliothek als auch die Bildungsgrundlagen junger Menschen am Herzen liegen: Helmut Liersch, Propst im Ruhestand, MKB-Beauftragter und damit gewissermaßen Spiritus Rector des historischen Bücherschatzes. Und der Pädagoge Wilfried Seyfarth, der seit Mitte der Achtziger Jahre Schülerseminare in der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel und seit 2006 in der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek Weimar realisierte.

Großes Potenzial

Der seit 2019 pensionierte und in Goslar lebende Oberstudienrat stellt seinen reichen Erfahrungsschatz jetzt ehrenamtlich in den Dienst der MKB. Seyfarth ist begeistert von den Buchbeständen und sieht großes Potenzial dafür, dass hier eine „Teaching Library“ entstehen kann. Wie so eine „lehrende Bücherei“ funktioniert, probierten in der vergangenen Woche 13 Elftklässler des Ratsgymnasiums mit ihren Lehrern Antonia Langlotz und Sebastian Skorzinski praktisch aus.

Themen wie „Historische Karten im Vergleich“, „Amazonen, El Dorado und kopflose Wundergestalten“ oder „Reformation und digitale Medienrevolution“ standen zur Auswahl. Ein breit gefächertes Angebot von Originaltexten und eigens für diesen Zweck angeschaffter Sekundärliteratur gestaltete die Arbeit der Schüler interessant, aber ungewohnt. „In der Schule ist das einfacher, da suchen die Lehrkräfte die passende Literatur für uns aus“, kommentierte eine Schülerin.

Und benannte mit dieser Erfahrung zielsicher eines der Hauptanliegen des Seminars. Denn die grenzenlose Verfügbarkeit von Informationen aus einer Flut teils fragwürdiger Quellen fordert Kompetenzen, für die junge Köpfe kritisch und kreativ denken müssen. Dass beim selbstbestimmten Umgang mit den Medien des 21. Jahrhunderts Schriften aus dem 16. Jahrhundert einen wichtigen Beitrag leisten, scheint dabei nur auf den ersten Blick paradox. Gerade die in der MKB gesammelten Zeugnisse der Reformation und des Epochenumbruchs um 1500 bieten eine einmalige Chance dafür.

Ein besonderer Zauber

Die Auseinandersetzung mit den Gedanken unserer Vorfahren bietet Stoff für unterrichtsbegleitende Seminare und Facharbeiten und sorgt für reichhaltigen Erkenntnisgewinn. Dabei entfalten alte Bücher aus Pergament, Holz und Leder einen besonderen Zauber, dem man sich kaum entziehen kann.

Die Schülerseminare, die das Duo Seyfarth/Liersch für die Zukunft geplant hat, bauen diesen „Zauber“ geschickt ein: Die Präsentation historischer Drucke und die Exkursion durchs mittelalterliche Goslar mit Ute Pötig und Dietrich Zychla machen Schulunterricht zum echten Erlebnis. Und dass es dafür am Ende fünf Sterne gibt, ist wahrlich kein Wunder.

Schaudepot der Marktkirche öffnet!

 

 

Kulturmarktplatz:

Die reformationszeitliche Marktkirchen-Bibliothek ist eingezogen

http://www.marktkirchenbibliothek-goslar.de

Es war der fünfte Umzug der Marktkirchen-Bibliothek. Am 5. November 2021 transportierten Mitglieder des Fördervereins und des Kirchenvorstandes die wertvollen Altbestände vorsichtig in den entstehenden Kulturmarktplatz (KUMA). Dort sind die Bände nun im Eingangsbereich in einem begehbaren Schaudepot untergebracht. Die weiteren Bestände werden im neuen Stadtarchiv in einem Büchermagazin gelagert, sobald der entsprechende Trakt bezugsfertig ist. Dort wird es auch einen Arbeitsraum für den mit der Bibliothek Beauftragten geben. Ein Depositalvertrag mit der Stadt Goslar regelt, dass die Bestände nun im „Besitz“ der Stadt sind, jedoch im „Eigentum“ der Kirchengemeinde bleiben. „Schaudepot der Marktkirche öffnet!“ weiterlesen

Oster-Gedanken

Ich erinnere euch an das Evangelium, das ich euch verkündigt habe, das ihr auch angenommen habt, in dem ihr auch fest steht, durch das ihr auch selig werdet, wenn ihr´s festhaltet in der Gestalt, in der ich es euch verkündigt habe; es sei denn, dass ihr umsonst gläubig geworden wärt. Denn als erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe: Dass Christus gestorben ist für unsere Sünden nach der Schrift; und dass er begraben worden ist; und dass er auferstanden ist am dritten Tag nach der Schrift.   1. Korintherbrief 15, 1-4

 

Ohne Ostern gäbe es keine christliche Kirche! Die Geschichte hätte einen anderen Lauf genommen! Paulus ist davon überzeugt. Für ihn hängt alles an der Auferstehung. Ist Christus nicht auferstanden, so schleudert er den Kritikern entgegen, dann ist alle Predigt vergeblich. Er hält das Osterereignis für sicher überliefert, und es ist für ihn die Grundlage allen Glaubens. Diese starken Worte haben es heute schwer, gehört zu werden. Längst ist Ostern im öffentlichen Bewusstsein seines zentralen Inhaltes beraubt. Allenfalls wird das Empfinden des allgemeinen Werdens und Vergehens angesprochen – schließlich ist Frühling. Ansonsten dominieren Hasen und Eier. Kritiker der Überlieferung tun ein Übriges: sie „entlarven“ die Erscheinungen des Auferstandenen als subjektive Einbildungen. Wer wälzt diese vielen „Steine“ beiseite? Den Stein des Zweifels, den Stein der Destruktion, den Stein des Unglaubens?

 

Ich hoffe, dass zu Ostern im Sinne des Paulus gepredigt wird: dran festhalten! Dabei kann es nicht darum gehen, „Beweise“ dafür anzuführen, dass das Grab Jesu leer war. Bei Paulus steht davon – im Gegensatz zu den Evangelien – gar nichts. Aber wir dürfen den Erfahrungen der frühen Christinnen und Christen vertrauen! Überwältigend viele durften erleben: der Gekreuzigte lebt! Selbst der größte Kritiker wird nicht leugnen können, welche Lebensenergie aus dieser Gewissheit gewonnen wurde. Aber auch der Verstand muss nicht kapitulieren! Warum sollte der Tod eine Grenze für Gott sein?! Gott dem Schöpfer traue ich Neuschöpfung des Lebens zu. So, wie ich mir das Werden der Welt und meines Lebens nicht „vorstellen“ kann, so bleibt mir das „Wie“ von Auferstehung zwar verborgen. Aber die Welt hat einen Sinn auch da, wo ich ihn nicht erkenne. Es wird Zeit, das wieder zu erkennen, trotz und auch wegen des wissenschaftlichen Fortschritts. Was gibt mir das Recht, nur das für möglich zu halten, was ich sehen oder denken kann?

April, April!

„Am 1. April / schickt man die Narren, wohin man will“! Passen Sie auf am Donnerstag! Nicht, dass Sie losgeschickt werden, gedörrten Schnee zu kaufen oder ungebrannte Asche abzuholen. Oder dass man Ihnen einen großen Gewinn verspricht, den es gar nicht gibt. Der 1. April: Ein Tag, der zeigt, wie das Leben in Wahrheit ist. Betrachten wir unser eigenes Leben: Ein Schwanken zwischen Glück und Unglück. Eine Mischung aus Freude und Leid. Es ist schwer, sich auf dieses Auf und Ab einzulassen. Tief drin die Vorstellung: das Leben müsste leichter sein, einfacher.

Verstärkt noch durch Corona! Man kommt sich vor, wie in den April geschickt. Ist das Leben so gedacht? Was läuft da falsch? Wer manipuliert uns da? – Passen Sie gut auf! Lassen Sie sich nicht in den April schicken. Nirgends steht geschrieben, dass das Leben glatt verläuft. Es schwankt. Es gibt Zeiten des Glücks und der Sorglosigkeit. Es gibt Zeiten der Sorge und der Hoffnungslosigkeit. Das ist keine Panne. Das ist so. Und wem man einredet, das dürfe so nicht sein, der wird in den April geschickt.